Hilfe bei der Berufswahl
„Jobs aus der Box“ bald an Bayreuther Schulen
Text und Fotos: Andreas Schmitt
Was will ich werden? Die Frage nach dem richtigen Beruf stellt sich für Mittelschüler recht früh. Um sie zu unterstützen, gibt es für Stadt und Kreis Bayreuth jetzt etwas ganz Neues. Los geht es damit in Weidenberg.
Vor etwa einem Jahr sind Konrektorin Bianca Freissle und Rektor Jörg Zinner von der Grund- und Mittelschule Weidenberg in Österreich. Genauer gesagt in der Steiermark. Kein Urlaub. Ein Erasmus-Projekt, das Einblick in den Schulalltag anderer Regionen geben soll. Und dabei ist ihnen etwas aufgefallen.
„Auf einmal standen Kisten herum – und drumherum waren die Schüler ganz eifrig und konzentriert bei der Sache“, erinnert sich Jörg Zinner. Er fragt nach: „Jobs aus der Box“ heißt das Projekt, das zur Berufsorientierung durchgeführt wird. Unterstützt vom Bundesland Steiermark und einigen Sponsoren. „Ich wurde neugierig und ich glaubte, das hat großes Potenzial“, sagt Zinner. Er nimmt sich vor: Die Jobbörse in der Jobbox soll nach Bayreuth kommen.
Ein Jahr später ist es soweit – und die ersten Testschüler packen am Mittwoch beim vom Kurier exklusiv begleiteten Vorstellungstermin die erste Box an der Weidenberger Schule aus. In den Boxen, die nach Berufsfeldern geordnet sind, gibt es verschiedene Aufgaben – und die dazugehörigen Hilfsmittel. In der „Bau“-Box befinden sich Ziegelsteine, Dachelemente, Dachziegeln, Fensterstürze – und ein Bauplan. „Aus zweidimensional soll dreidimensional werden“, sagt Zinner. Und das nur mit den vorhandenen Ressourcen und in einer vorgegebenen Zeit. Die Schüler sollen merken, ob sie darauf Lust haben – oder eben nicht.
Auch die anderen Boxen bieten neben Erläuterungen und Fragestellungen viele praktische Aufgaben. Bei „Dienstleistungen“ etwa gilt es nicht nur eine Puppe zu frisieren. In der Box liegt auch ein Belegungsplan mit Trainingsstunden eines Fitnessstudios. In einem fiktiven Kundengespräch sollen die Schüler mit einem Anrufer bei nur noch wenigen Lücken einen Termin vereinbaren. Bei „Pflege & Gesundheit“ setzen sich die Schüler eine Augenmaske auf oder decken Ohren ab, um selbst Hör- und Seheinschränkungen zu erleben. Bei „Elektro“ werden Tiere aus Kabeln und Drähten gebastelt, bei „Metall“ ein Motorrad gebaut, bei „Holz“ geht es um Motivfiguren. Bei der Box „Handel/E-Commerce“ steht die „Warenkorb-Challenge“ an. Dabei sollen Schüler schätzen, wie viel Produkte im Supermarkt eigentlich kosten.
„Das würde ich mit meiner Frau gerne auch einmal ausprobieren“, scherzt Martin Richter, der für die Weidenberger Grund- und Mittelschule zuständige Schulrat. Er will verdeutlichen: Die „Jobs aus der Box“ stellen Berufe und Branchen sehr anschaulich dar. „Das unterstützen wir. Bei der Berufsvorbereitung gilt: Je anschaulicher, umso besser.“
Dass es die Boxen jetzt in Weidenberg gibt, ist keine Selbstverständlichkeit. „Wir wollten ja nicht nur die Boxen, sondern auch die Lizenzen dazu“, betont Zinner. Dazu benötigt der Rektor finanzielle Hilfe. Hauptsponsor der Jobboxen ist die Boris-Dietel-Stiftung aus Bayreuth, die 4990 Euro spendet. Dazu kommen 2000 Euro, die bereits gezahlt wurden, und weitere 700 bis 800 Euro, die für eine weitere Box ausgegeben werden sollen, vom Medienzentrum Bayreuth – finanziert von Stadt und Landkreis.
Stiftung will Handwerk und Technik fördern
Die Boris-Dietel-Stiftung hat das Ziel, die Volks- und Berufsschulbildung durch schulische Hinführung sowie berufliche Aus- und Fortbildung zu fördern. „Wir wollen viele Jugendliche in handwerkliche und technische Berufe bringen und besonders junge Frauen auf dem Weg in diese Berufsfelder unterstützen“, sagt die Stiftungsleiterin Heidemarie Dietel. „Wenn man lebenslang arbeitet, sollte man etwas machen, was einen freut. Und nicht eine Strichliste führen müssen, wie lange das Berufsleben noch geht.“
Marina Lindner, Schulamtsdirektorin a.D. und im Aufsichtsrat der Stiftung, fügt hinzu: „Die Boxen ermöglichen einen Zugang ohne gleich in einem Betrieb oder bei einer Ausbildungsmesse sein zu müssen.“ Das, sagt auch Rektor Zinner, ist die größte Stärke: „Berufsorientierung im eigenen Schulhaus mit dem eigenen Lehrer im gewohnten Umfeld.“ Deshalb sollen die Boxen nun durch die Schulen wandern. „Wir haben sie als Institution gekauft, sie bleiben als Dauerleihgabe in Weidenberg und wandern dann weiter“, erläutert Bernd Zimmermann, Leiter des Medienzentrums.
Die Lehrer aus Weidenberg bekommen in den nächsten Tagen eine Einweisung aus Österreich. „Dann probieren wir das aus“, sagt Zinner. Ihm schweben Projekt- oder Themenwochen in den siebten Klassen noch in diesem Schuljahr vor. Pro Vormittag soll jeder zwei Boxen bearbeiten, am nächsten Tag die nächsten. Danach sollen die Boxen dann der Reihe nach je für eine Woche an alle Mittelschulen in Stadt und Kreis Bayreuth verliehen werden. Dem Erasmus-Trip der Weidenberger Schulleiter sei Dank.